Geflüchtetenunterkunft Albert-Kuntz-Straße – Zusammenarbeit mit neuen Hellersdorfer*innen zum Bau des „Schlosssaals”
Ein Schloss verbindet man mit etwas Schönem, Repräsentativem, Großartigem, Kraftvollem und Stabilem. Wie kann man aber ein Schloss bauen, wenn sich kein fester Boden unter den Füßen befindet und unsere Lebens- und Wohnsituation uns nicht erlauben, uns in unseren temporären Wohnungen zu Hause zu fühlen? Warten auf eine Veränderung und das Finden eines eigenen Platzes erleichtert diese Situation auch nicht. (Traum-)schlösser zu bauen ist auch ohne „festen Boden unter den Füßen möglich” – Schließlich wurde ganz Berlin im sprichwörtlichen märkischen Sand gebaut.
Die einzelnen Schlossbauphasen im Detail:
- talentCAMPus 18+ – Ich bau mir ein Schloss – Schlosssaal/Trickfilm
November bis 8. Dezember 2017
Der Schlosskomplex Hellersdorf, bislang bestehend aus „Reiseschloss” und „Kinderschloss”, wird mit dem Schlosssaal in der Geflüchtetenunterkunft dezentral!
Zum Jahresende 2017 konnten wir das Projekt Hellersdorf – erneut gefördert durch den Deutschen Volkshochschul-Verband und talentCAMPus 18+ – in die neue Unterkunft in der Albert-Kuntz-Straße bringen. Die große Herausforderung war, dass die Unterkunft gerade im Bezug war. Dies haben wir allerdings als Chance begriffen und die neuen Hellersdorfer*innen willkommen geheißen. Neben den Kunst-Workshops gab es ein umfangreiches Freizeit- und Bildungsprogramm mit dem Ziel, die Stadt und insbesondere den Bezirk zu erkunden.
Wir konnten den Eingangsbereich der Unterkunft mit einem Teil des Kunstprogramms verschönern, die Menschen dort abholen und dem weißen, sehr kühlen Eingang ein wenig Wärme verleihen. Die Jugendlichen haben hier unter Anleitung selbst Hand angelegt und erste Schritte in der Wandmalerei gemacht.
Das große „Highlight“ war und wird der Schlosssaal, der ebenfalls in Workshop-Form in einem ersten Schritt gestaltet wurde. Es wurde selbst Stuck hergestellt und die Wände mit Farbfeldern gestaltet, die nun nach und nach mit Stuckelementen ausgestattet werden.
Die Teilnehmer*innen haben des Weiteren in einem stop-motion-Workshop einen eigenen Film hergestellt.
- talentCAMPus 18+ – Ich bau mir ein Schloss – Flagge zeigen!
März – 22. April 2018
Näh-Workshopreihe 1 mit neuen Bewohner*innen Berlins: zusammen mit Marta Sala (Polen), Ana Krstic (Serbien), Kussay Chichackly (Syrien), Mohamed Mesilhy (Ägypten), und Bewohner*Innen einer Gemeinschaftsunterkunft in Hellersdorf, in Kooperation mit dem Institut für Kunst im Kontext (UdK).
Dank einer weiteren Finanzierung durch Kultur macht stark konnten wir unser Bündnis um die UdK – Institut für Kunst im Kontext – erweitern und ein zweites, sechswöchiges Programm in der Geflüchtetenunterkunft in der Albert-Kuntz-Straße realisieren. Hierbei wurden unkompliziert und niedrigschwellig sowohl Näh- als auch Sprachkenntnisse vermittelt und „unser“ Schlosssaal aktiv mit Leben gefüllt.
Die Redewendung „Flagge zeige”‘ bedeutet unserer Meinung oder Erwartung nach, sich mit Nachdruck deutlich zu erkennen zu geben. Um das aber zu schaffen, muss man die geeigneten Werkzeuge haben. Das kann Sprache sein, Selbstbewusstsein, Kunst aber auch Kraft in unseren Händen. In diesem Workshop möchten wir dies durch Kennenlernen verschiedener Nähtraditionen als Meinungsäußerung üben und gleichzeitig zeigen, wie Kunst und das Nähen bei der Gestaltung der eigenen Umgebung helfen können. Um das zu verwirklichen, haben Marta Sala und Kussay Chichackly die Techniken Aplique und Patchwork vorgestellt und Mohamed Mesilhy hat sein Wissen über die Khaymiyya Tradition geteilt. Ana Krstic schlug vor, die „Fahnen der Welten, Fahnen der Wörter” gemeinsam zu nähen.
Durch den Versuch, die Traditionen des Nähens aufrechtzuerhalten, haben wir voneinander gelernt, wie man Objekte kreiert – weiche Kunstwerke, die repräsentative Funktionen erfüllen und Zeuge unserer Kultur und unsere Leidenschaften sein können.
Die Unterkunft ist ein geschützter Ort und sollte ein Safe Space bleiben. Der Schlosssaal mit den einzelnen Workshopergebnissen und selbstgenähten Kissen wurde und wird nach dem Workshop als Rückzugsraum für Frauen und für Beratungsgespräche genutzt.
- talentCAMPus 18+ – Stadtraum, Freiraum, Weltraum! Raumerkundung für Geflüchtete (in AKS)
8. Juni. – 30. September 2018
„Meine Ideen und die Stadt. Wo treffen sie zusammen?!”
Näh-Workshopreihe 2 mit neuen Bewohner*innen Berlins: zusammen mit Marta Sala (Polen), Nahed Mansour (Libanon), Johanna Reichhart (Deutschland) und Bewohner*innen einer Gemeinschaftsunterkunft in Hellersdorf, in Kooperation mit dem Institut für Kunst im Kontext (UdK).
Das gemeinsame Nähen ist eine Gelegenheit für ein Zusammentreffen, Erfahrungsaustausch und stärkt die Gemeinschaft.
Während des Nähworkshops sprachen wir darüber, worauf es uns, den neuen Berliner*innen, ankommt, um sich selbstbewusster zu fühlen und an der Entwicklung der Stadt auch partizipieren zu können. Wir haben uns gefragt, was wir ihnen – unseren Nachbar*innen, sagen möchten. Manchmal sprachen wir jedoch gar nicht und konzentrierten unsere Gedanken auf das weitere Nähen.
Parallel zum Projekt wurde (und wird) in Mitte ein Schloss wieder aufgebaut – oder besser: neu errichtet – eine Festung für die Sammlung eines ethnographischen Museums mit Kunstwerken aus verschiedenen Teilen der Welt, primär errichtet, damit Besucher*innen andere Kulturen kennenlernen können. Unserer Meinung nach sollte sich der Sinn der Präsentation im Humboldt Forum nicht alleine auf die bloße Bewunderung des Reichtums anderer Kulturen und/oder die Präsentationen der Kunstwerke in Museen beschränken. Die Menschen sind das Tor zu den „ausgestellten” Kulturen, die Kunstwerke können nur mit und durch die Menschen sprechen. Wir sollten voneinander lernen um das Wertvollste aufrecht zu erhalten und weiterzugeben.
Um dies zu ermöglichen, müssen wir uns jedoch gegenseitig kennenlernen und zusammenarbeiten.
„Zauber der Dinge“ Spiel- und Sprachprojekt
Der „Zauber der Dinge“ ist Teil des Kooperations-Projekts „Meine Ideen und die Stadt. Wo treffen sie sich?!“ – ein Nähprojekt mit Bewohner*innen in einer Gemeinschaftsunterkunft in Hellersdorf. „Zauber der Dinge“ ist ein dort stattfindendes Jugendprogramm. Das künstlerische Team besteht außerdem aus den Künstler*innen Marta Sala, Nahed Mansour und Johanna Reichhart. Das gesamte Projekt fand im Sommer 2018 statt.
In der Workshopreihe fragen wir uns, wie eine Stadtvermittlung für Jugendliche aussehen kann. Wie gut kennen wir unsere Stadt oder unseren Kiez bereits? Ausgangspunkt war die Idee, einer Stadterkundung durch entsprechende Interventionen für Jugendliche mit Fluchterfahrungen zu entwickeln. Wir möchten den eigenen Kiez erkunden und abseits des Alltags wahrnehmen. Wie sieht die Dingwelt des eigenen Kiezes aus? Wie können wir diese lesen? Was erzählen seine Objekte über uns, unsere Nachbarn und andere Orte? Können wir durch die Dinge eine gemeinsame Sprache für (unsere) Stadt finden? Durch collagieren, zeichnen und sammeln reflektieren wir über den eigenen Garten, Bewegungskarten und den eigenen Kiez.
Sport / Exkursion
Die Stadt entdecken
Berlin ist eine vielfältige und bunte Stadt. Wir werden sowohl Ausflüge in die Innenstadt, als auch nach Hellersdorf machen und die Nachbarschaft kennen lernen. Unter anderem beteiligen wir uns am Bau eines Nachbarschaftstreffs (der „Schlossbauhütte”) und machen Ausflüge in den Tierpark, zum Kienberg, in Museen und Galerien.
„My home is my castle”
Anwohner*innnen und Bewohner*innen waren zusammen mit der Künstlerin Carola Rümper eingeladen, sich mit Fotos des eigenen (Wohn-)Zimmers am Projekt „My home is my castle” zu beteiligen. Wir suchten Fotos von jetzt und damals, aus Berlin und der ganzen Welt. Anhand der Fotografien von Nachbar*innen kann eine Geschichte miteinander erzählt werden, die in Geschichtsbüchern (noch) nicht präsent ist und die Menschen können sich kennenlernen.
Die Ausstellung wurde im Projektraum mp43 – projektraum für das periphere präsentiert.